Vergeben und loslassen

Mit Buddha verzeihen lernen

Eine besondere Form von Großzügigkeit können wir üben, wenn wir verzeihen lernen. Es ist die wirksamste Methode, um alte Belastungen loszuwerden und großzügiger mit uns und anderen umzugehen. Insbesondere Situationen, in denen wir gedemütigt wurden, in denen wir uns ausgeschlossen, verletzt oder verlassen gefühlt haben, bleiben äußerst lebhaft in unserem Gedächtnis. Im ersten Moment sträubt sich alles in uns gegen die Vorstellung, jemandem zu vergeben, der uns belogen, betrogen und blamiert hat. Doch langfristig gibt es kein besseres Mittel, um sich von solchem Ballast zu befreien.

Sedona – Loslassen befreit

Eine Technik, die zwar nicht von einem buddhistischen Lehrer entwickelt worden ist, aber das Herz buddhistischer Praxis genau trifft, ist die Sedona-Technik. Angestoßen durch sein persönliches schweres Schicksal hat der US-Amerikaner Lester Levenson eine Selbstbefra-gungstechnik entwickelt, die Klarheit über die eigenen Gefühle schafft und es einem erlaubt, sie loszulassen. Yoko Beck, eine sehr bekannte buddhistische Lehrerin, ist von dieser besonderen Methode ebenso überzeugt wie Wissenschaftler der Harvard und der State University in New York, die Sedona wegen ihrer Einfachheit, Effizienz und der Schnelligkeit von sichtbaren Ergebnissen gelobt haben.

Ausgangspunkt der Methode ist die Annahme, dass Gefühle unser Leben bestimmen. Allerdings sind sie unbeständig: Wir können nicht verhindern, dass sie kommen und gehen, aber wir können verhindern, dass sich schlechte Gefühle festsetzen, wenn wir lernen, sie rechtzeitig wahrzunehmen. Ziel ist es, sich durch intensive Selbstbefragung mit fünf Fragen von destruktivem Denken zu lösen und sich für etwas Neues zu öffnen. Das Herzstück der Übung ist die Akzeptanz für den Ist-Zustand. Sedona funktioniert nicht mit Druck. Man beobachtet und stellt etwas fest, nämlich ob sich ein Gefühl verändert oder nicht. Ob man das Gefühl loslassen kann und will oder nicht. Probieren Sie die Methode selbst aus!

Buddha

Übung: Sich selbst befragen

1. Wie fühle ich mich? Was fühle ich?

Diese Frage öffnet die Tür: sich selbst bedingungslos zu spüren und sich die auftauchenden Gefühle zu erlauben – das erfordert Mut. Wer würde Unangenehmes nicht lieber wegdrücken, als sich ihm auszusetzen und es dann auch noch präzise in Worte zu fassen? Erlauben Sie sich, an Ihren verpatzten Vorstellungstermin zu denken, an Ihre Scheidung, an den Krach mit der Freundin. Und erlauben Sie sich die Gefühle, die dabei auftauchen. Der Prozess des Loslassens funktioniert nur, wenn wir bereit sind, das zu spüren, was ist. Denn nur das, was wir spüren, können wir loslassen.

2. Könnte ich dieses Gefühl akzeptieren, wie es ist – nur für einen Augenblick?

Um an diesen Punkt weiterzukommen, heißt es Akzeptanz zu üben. Akzeptanz ist sowohl ein Begriff der Sedona-Technik als auch der buddhistischen Haltung. Zu echter Akzeptanz kann man sich ebenso wenig zwingen wie zu echtem Verzeihen. Für beides brauchen wir Ein¬sicht, Wohlwollen und Großzügigkeit. Wichtig bei diesem Schritt ist die Ehrlichkeit sich selbst gegenüber. Es gibt keine falsche Antwort und nichts zu beweisen. Antworten Sie ehrlich mit »ja« oder »nein«.

3. Könnte ich dieses Gefühl loslassen – nur für diesen Moment?

Wie fühlt sich Loslassen für Sie an? Was bedeutet es für Sie, großzügig zu sein, zu vergeben? Um den anderen kleinzuhalten, sich zu rächen oder um sich vermeintlich zu schützen, wird das Verzeihen oft hinausgezögert oder vermieden. Typisch dafür sind die Machtspiele in Beziehungen. Man verzeiht dem Ex nicht, weil man darin einen Trumpf vermutet, der immer wieder ausgespielt werden kann. Aber jemandem ein schlechtes Gewissen zu machen ist keine Garantie, dass sich das traurige Erlebnis nicht wiederholt. Und Gefühle loszulassen, bedeutet nicht zwangsläufig, dem anderen etwas zu verzeihen, aber es bedeutet immer, dass wir uns selbst vergeben.

4. Würde ich das Gefühl loslassen, wenn ich es könnte?

Vielleicht fällt es Ihnen schwer, das Gefühl loszulassen, das Sie in diesem Moment quält. Sie können sich eine kleine Auszeit, mehr innere Freiheit oder etwas Distanz verschaffen, indem Sie an die Form von Großzügigkeit und Loslassen denken, die Ihnen unter anderen Umstän-den keine Probleme bereitet: Geld spenden, Geduld aufbringen, die Be¬reitschaft zu helfen – was immer Ihnen leichtfällt. Oder Sie können sich Gewinne und Verluste genauer ansehen, indem Sie Loslassen und Fest¬halten gegeneinander abwägen. Die Gewinne sind nicht zu unterschätzen, denn solange wir uns mit Vorwürfen, Gram und Trauern beschäftigen, müssen wir nicht weitergehen. Die Neigung zur Selbstkasteiung und zur ständigen Wiederholung quälender Erinnerung ist genauso menschlich wie der Versuch, eine Entwicklung aufzuhalten. Wir bedauern uns, vielleicht bedauern uns auch andere und der gegenwärtige Trost daraus kann den Wunsch nach Befreiung aus einer schwierigen Situation sehr klein halten. Auch die Angst vor Verlust und Veränderung, vor Einsamkeit und Versagen sitzt tief. Der Schritt zum Loslassen braucht seine Zeit.

5. Wann würde ich dieses Gefühl loslassen?

Sie wissen bestimmt, wie sich Loslassen anfühlt: Vielleicht lächeln Sie, ein tiefer Seufzer kommt aus Ihrer Brust oder Sie richten sich auf. Jeder spürt und erlebt Erleichterung etwas anders. Doch sobald man etwas wirklich losgelassen hat, ist es gleichgültig geworden. Man macht sich nichts mehr aus dem, was vorbei ist, und schaut befreit nach vorn.

Immer wieder loslassen

Wenn Sie weitermachen wollen, können Sie die Fragen so oft durchgehen, wie Sie wollen und solange Ihre Konzentration mitspielt. Wichtig ist es, sich diese Zeit zu geben und durch Bewusstmachen aus dem Hamsterrad auszusteigen. Fangen Sie jeweils wieder mit der ersten Frage an, und wiederholen Sie den Prozess, mit demselben Gefühl oder – falls es sich verändert hat – mit einem anderen. Wieder gibt es kein Richtig oder Falsch! Einzig Ihr Gefühl ist entscheidend. Erleben Sie immer wieder neu, um welches Gefühl es in dem jeweiligen Moment geht. Sie können etwas nur dann loslassen, wenn Sie sich vorher erlauben, es genau zu spüren. Loslassen können Sie in jeder Situation. Nach einer gewissen Übungszeit sogar während Sie streiten oder Bus fahren. Bleiben Sie geduldig, Loslassen funktioniert nicht auf Kom¬mando, sondern erst mit der Zeit.

Die Sedona-Technik funktioniert nicht nur beim Loslassen von Gefühlen. Sie können sie auch bei unangenehmen Gedanken oder einschränkenden Überzeugungen anwenden.