Verhalten von Kaninchen richtig verstehen

Interview mit der Kaninchenexpertin Esther Schmidt

Lernen Sie „Kaninisch“

Der Wunsch eines jeden Tierhalters ist es, seinen tierischen Freund verstehen zu können. Aber leider sprechen Mensch und Tier nicht die gleiche Sprache. Die Autorin Esther Schmidt spricht perfekt „Kaninisch“ und erklärt in unserem Interview wie Kaninchen mit uns sprechen, warum sie nicht allein gehalten werden sollten und warum die kleinen Hoppler so gerne nagen.

1. Haben Kaninchen wirklich eine eigene Sprache? Sie geben doch kaum Laute von sich.
Als Beutetiere bevorzugen die Kaninchen eher die leisen Töne, denn schließlich weiß man nie, ob nicht irgendwo ein hungriger Feind lauscht. Deshalb läuft auch ein Großteil der Verständigung über die Körpersprache ab. Ein Stups mit dem Näschen, ein kaum merkliches Ohrspiel oder ein dezenter Hinweis mit dem Schwänzchen und schon weiß der Kumpel, ob Gefahr droht oder „Abhängen“ angesagt ist. Auch Duftbotschaften spielen bei den Kaninchen eine besondere Rolle. Über verschiedene Drüsen sondern sie Sekrete ab, die quasi als Personalausweis dienen. Ein kurzer Schnüffler genügt, und schon sind Feinde oder sippenfremde Artgenossen enttarnt. Der individuelle Duft gibt auch Auskunft über das Geschlecht eines Kaninchens, seine Rangstellung innerhalb der Sippe und seine Paarungsbereitschaft.

2. Unterhalten sich die Kaninchen nur miteinander oder „sprechen“ sie auch mit uns Menschen?
Viele Kaninchen plaudern auch gezielt mit uns Zweibeinern und haben dafür extra ihr Vokabular erweitert. Fast jeder Halter kennt die murksenden Meckerlaute, mit denen sich sein Kaninchen bei ihm beschwert. Das Lecken der Hand zählt als großer Vertrauensbeweis, denn damit ist man offiziell in die Kaninchensippe aufgenommen. Und nicht zu vergessen die filmreifen Bettelgesten, bei denen die Fellnase geschickt auf den Zehenspitzen tänzelt und uns dabei liebevoll anschmachtet. Wer kann da schon widerstehen? Kaninchen sind eben clever und wissen genau, wie man ihren Menschen um die Pfote wickelt, um etwas Leckeres abzustauben.

3. Warum sollten Kaninchen nicht alleine gehalten werden?
Kaninchen sind echte Familientiere, die die Nähe ihrer Artgenossen nicht nur genießen, sondern dringend brauchen. In freier Natur leben sie in großen Sippen zusammen, denn nur die Gemeinschaft macht sie stark und überlebensfähig. Auch wenn unsere Kaninchen zuhause keinem Fressfeind davonlaufen müssen, ist ihr Fluchtinstinkt noch stark ausgeprägt und sie suchen immer die Sicherheit der Gruppe. Mit einem guten Kumpel an der Seite sind Angst und Stress nur noch halb so schlimm und auch das Herumtoben und Spielen macht viel mehr Spaß. Selbst wenn man seinem Kaninchen viel Zeit widmet, kann man ihm den Artgenossen nicht ersetzen. Gesunde und glückliche Kaninchen gibt es deshalb nur im Doppelpack. Noch besser ist eine ganze Hoppelfamilie, denn erst dann zeigen uns die Fellnasen, was wirklich in ihnen steckt und verblüffen uns nicht selten mit völlig neuen Verhaltensweisen und ungeahnten Talenten.

4. Ich habe meinen Kaninchen ein schönes Holzhaus gebaut. Aber wenn sie so weitermachen, ist bald nichts mehr davon übrig. Wieso nagen sie so häufig daran?
Auch wenn die Kaninchen nicht zu den Nagetieren, sondern zur Familie der Hasenartigen gehören, zählt das Nagen zu ihren Lieblingsbeschäftigungen. Ihre Zähne wachsen ständig nach und durch das Benagen von harten Hölzern halten sie die Beißerchen kurz und in Form. Das ständige Knabbern ist also keine Unart, sondern eine ganz natürliche und wichtige Verhaltensweise, mit der die Kaninchen instinktiv schmerzhaften Zahnerkrankungen vorbeugen. Ist kein natürliches Nagematerial, wie Äste und Zweige von Apfelbaum und Co. vorhanden, vergreifen sie sich zwangsläufig am Inventar.  Natürlich gibt es unter den Kaninchen auch eifrige Knabbermonster, die trotz schmackhafterer Alternativen ihre Möbel zum Fressen gern haben. Hier sollte man Nachsicht üben und nur Häuser aus unbehandeltem Holz anbieten.

5. Wie erkenne ich, dass es meinen Kaninchen nicht gut geht?

Auch bei idealen Haltungsbedingungen kann ein Kaninchen einmal krank werden. Leider übersieht man oft die ersten Anzeichen, denn die Fellnasen  sind perfekte Schauspieler. Instinktiv versuchen sie, ihre Krankheit zu verbergen, denn wer in freier Natur Schwäche zeigt, hat schon verloren. So schleppt sich ein Kaninchen selbst dann noch zum Fressnapf, wenn ihm gar nicht zum Futtern zumute ist oder das Hoppeln schwerfällt. Doch mit regelmäßigen Gesundheitschecks ist man auf der sicheren Seite. Neben dem äußeren Erscheinungsbild des Kaninchens sollte man auch ein wachsames Auge auf das Verhalten, den Appetit und das Gewicht seines Pfleglings haben. Der rechtzeitige Gang zum Tierarzt erspart dem Patienten unnötige Schmerzen und erhöht die Chance auf vollständige Genesung. Regelmäßige Vorsorgeimpfungen schützen vor den gefährlichen Kaninchenseuchen.

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