Diagnose Hashimoto – und jetzt?

Interview mit unserer Autorin Birgit Weber

Etwa 10% der deutschen Bevölkerung leiden an Hashimoto-Thyreoiditis. Durch den sehr unterschiedlichen Krankheitsverlauf dieser Krankheit ist eine Diagnose oft schwierig. Bei unserer Autorin Birgit Weber war es ähnlich. Nachdem sie mehrere Jahre als „überforderte Mutter“ abgestempelt und zum Psychotherapeuten geschickt wurde, stellte 2004 ein Heilpraktiker die Diagnose Hashimoto-Thyreoiditis. Zuvor litt sie sechs Jahre an sehr unterschiedlichen Beschwerden wie Kehlkopf- und Halsentzündungen, Herzrasen, niedrigem Blutdruck, Ohnmachtsanfällen oder Angstzuständen.

Lese in unserem Interview, wie Birgit Weber mit der Diagnose Hashimoto umgegangen ist, wie sie heute mit der Krankheit lebt und welche alternativen Heilmethoden ihr geholfen haben.

1. Was ist Hashimoto-Thyreoiditis?
Hashimoto Thyreoiditis ist eine autoimmune Erkrankung der Schilddrüse. Das heißt, der Körper bildet Antikörper gegen das Schilddrüsengewebe und zwar immer dann, wenn die Schilddrüse aktiv ist, also arbeitet. Das Gewebe wird hierbei Stück für Stück zerstört. Durch die Antikörperaktivität spricht man bei Hashimoto von einer Entzündung der Schilddrüse. Am Anfang der Erkrankung kommt es zu häufigem Wechsel zwischen den Symptomen einer Schilddrüsen-Über- und Schilddrüsen-Unterfunktion. Typisch sind mehrere ganz unterschiedliche Erkrankungen wie z.B. Grippe, Heiserkeit, Herz- und Kreislaufprobleme, Gewichtsschwankungen oder Übelkeit und Bauchschmerzen, die über das Jahr verteilt auftreten. Aus diesem Grund wird die Diagnose Hashimoto häufig erst nach einem längerem Krankheitsweg gestellt.

2. In Ihrem Buch schildern Sie Ihren langen Weg vom ersten Symptom bis zur Diagnose. Wie erging es Ihnen mit der Diagnose Hashimoto?
Bei mir hat es sehr lange gedauert, bis die Diagnose gestellt wurde. Wahrscheinlich war Hashimoto schon einige Jahre unerkannt aktiv. Als ich die Diagnose erhielt, war das für mich wie ein Befreiungs- schlag. Endlich konnte ich diese Ungewissheit und das Rätseln, was mit mir los war, hinter mir lassen. Ich habe gleich angefangen mich über die Erkrankung zu informieren und mich mit vielen Menschen darüber ausgetauscht.

3. Was raten Sie Lesern, die diese Diagnose bekommen oder bereits länger in Behandlung sind?
Ganz besonders wichtig ist es nicht aufzugeben. Es gibt Menschen die Hashimoto haben und damit problemlos leben. Ob die Diagnose nun gerade erst gestellt wurde oder schon länger besteht, es gibt immer etwas, was getan werden kann. Die Naturheilkunde ist hier ein wichtiger Bereich. Sie bietet, auch unterstützend zur Schulmedizin, viele Wege um sich bald wieder wohl zu fühlen. Es macht sehr viel Sinn einen guten Heilpraktiker hinzuzuziehen, der parallel zur Einnahme des Schilddrüsenhormons behandelt. Häufig kann die Hormondosis sogar nach und nach reduziert werden. Außerdem ist es wichtig sich selbst und seinem körperlichem Empfinden zu vertrauen. Gerne begeben wir uns in Abhängigkeiten von Ärzten oder Therapeuten. Das ist völlig in Ordnung, wenn man trotzdem selbstbestimmt bei der Therapie mit entscheidet. Bei Hashimoto sollten nicht allein die Blutwerte die Höhe der einzunehmenden Medikamentendosis bestimmen, sondern es sollte immer das Befinden des Einzelnen mit einbezogen werden. Noch etwas möchte ich allen Betroffenen gerne mit auf den Weg geben: Sprechen Sie ganz offen mit Ihrer Familie und engen Freunden über Hashimoto und darüber, wie es Ihnen selbst gerade damit geht. Das ist sehr wichtig, da die Menschen, die an dieser Erkrankung leiden, nach Außen gut funktionieren, die Krankheit ist ihnen nicht anzusehen. Im engeren Familienkreis treten oft Spannungen oder Verhaltensveränderungen in Erscheinung. Die „Lieben“ wissen nicht, wie sie damit umgehen sollen. Ein offenes Wort ist hier Gold wert.

4. Was ist neben der schulmedizinischen Behandlung möglich? Helfen alternative Heilmethoden?
Neben der Umstellung im Alltag, die sehr hilfreich ist, gibt es eine Reihe sinnvoller alternativer Heilmethoden, die sehr gut helfen Hashimoto in den Griff zu bekommen. Richtig angewendet können sie große Erleichterung verschaffen. Aus dem großen, angebotenen Spektrum sollte jeder individuell das für ihn Passende heraussuchen. Ich persönlich hatte gute Erfolge mit der Homöopathie, der Spagyrik*, den Schüssler-Salzen und der Phytotherapie. Die Bach-Blüten, ätherischen Öle und Heilsteine können wunderbar ausgleichend und harmonisierend wirken. Mit der Akupressur hat man etwas zur Hand, was überall und sofort angewendet werden kann. Aus meiner Erfahrung heraus ist es durchaus erfolgs- versprechend zwei Therapieformen zu kombinieren, z.B. Schüssler Salze mit der Phytotherapie (meist als Teemischung). Die Heilsteine, ätherischen Öle und die Akupressur können generell zusätzlich eingesetzt werden. Hierbei entscheidet das individuelle Wohlgefühl. Bei vielen alternativen Heilmethoden wird davon ausgegangen, dass dem Körper geholfen wird sich selbst zu helfen.

(* Anmerkung der Redaktion: Als Begründer der „Spagyrik“ gilt der Arzt und Alchemist Paracelsus (1493-1541). In aufwendigen Verfahren werden die Ausgangsstoffe – Pflanzen, Mineralien, Edelmetalle oder, sehr selten, tierische Stoffe – immer wieder getrennt und neu miteinander verbunden. Spagyrische Arzneien wirken auf körperlicher, geistiger und seelischer Ebene und sollen alle drei Ebenen wieder ins Gleichgewicht bringen und die Selbstheilungskräfte aktivieren.)

5. Was können Betroffene selbst im Alltag ändern?
Im Alltag gibt es einiges zu tun. Als erstes sollte versucht werden Stress abzubauen. Vor allem der häufig enorme innere Druck sollte verringert werden. Hier hilft es oft Kleinigkeiten zu verändern, z. B. auf dem Weg zur Arbeit bewusst nichts zu tun. Kein Handy, keine Musik, kein Buch oder Zeitung – nichts was den Geist ablenkt. Stattdessen kann man in sich hineinhören, die Menschen beobachten ohne sie zu beurteilen oder sich auf seinen Atem konzentrieren. Hier gibt es über den Tag verteilt einiges was verändert und auch umgesetzt werden kann. Ein weiteres wichtiges Thema ist die Bewegung. Da Hashimoto-Betroffene, durch den verlangsamten Stoffwechsel, zur Gewichtszunahme neigen, sollten Bewegungsformen unbedingt in den Alltag integriert werden. In schlechten Phasen der Erkrankung ist es nicht möglich Sport zu treiben – hier könnte ein zügiger Spaziergang gemacht werden. Qi Gong, Tai Chi oder leichte Formen von Yoga sind oft ebenfalls möglich. Auf Leistungssport sollte erfahrungsgemäß verzichtet werden, ansonsten kann jeder Sport gewählt werden, der Spaß macht. Eine ausgewogene Ernährung ist ebenfalls besonders wichtig. Frisches Obst und Gemüse sowie hochwertige Öle sollten unbedingt täglicher Bestandteil der Nahrungsaufnahme sein.

6. Wie geht es Ihnen heute?
Durch die verschiedenen Therapien, auf die ich immer wieder zurückgreife, spüre ich die Krankheits- schübe kaum bis überhaupt nicht mehr. Anhaltspunkt dafür, dass Hashimoto bei mir immer noch aktiv ist, sind lediglich die schwankenden Blutwerte. Generell kann ich also sagen, dass ich mich endlich wieder wohl fühle und Lebensfreude spüre.